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ID: 238Der modrige Geruch des Sumpfes lag schwer in der feuchten Morgenluft. Nebelschwaden krochen lautlos über den schlammigen Boden, während die Gefährten vorsichtig durch den engen Tunnel voranschlichen. Tropfen fielen von herabhängenden Wurzeln und platschten leise in trübe Pfützen. Das fahle Licht der Morgendämmerung kämpfte vergeblich gegen die alles verschlingende Düsternis.

Als sie den Ausgang erreichten, umfing sie die kalte Frische des beginnenden Tages. Rotang kniete nieder, ließ seine schwielige Hand über den feuchten Boden gleiten und musterte die Spuren mit prüfendem Blick. „Nach Süden“, murmelte er knapp und richtete sich langsam auf.

Ohne ein weiteres Wort setzte sich die Gruppe in Bewegung. Schritt für Schritt folgten sie der Spur durch den Morast, der bei jedem Tritt schmatzend nach ihren Stiefeln griff. Ringsum war die Welt in gedämpfte Stille getaucht. Nur das ferne Quaken von Fröschen und das Summen verborgener Insekten hallte durch den dichten Nebel.

Dann, unvermittelt, durchbrach das dumpfe Schlagen von Hufen die unheimliche Ruhe.

Schatten tauchten aus der Düsternis auf – Reiter. Ihre Umhänge hingen schwer vom Tau, die Rüstungen stumpf von der Feuchtigkeit des Morgens. Mit ernsten Mienen lenkten sie ihre Pferde auf die Gruppe zu. Der Anführer, ein hagerer Mann mit wettergegerbtem Gesicht, hielt sein Pferd an und musterte die Helden mit kühlem Blick.

„Ihr dort!“, schnitt seine Stimme wie eine Klinge durch die Stille. „Seid ihr die Reisenden, die im Auftrag der Gräfin unterwegs sind?“

Ludwig trat vor, sein Blick wachsam. „Das hängt davon ab, wer fragt – und was genau diese Reisenden getan haben sollen.“

Der Hauptmann schnaubte. „Mein Name tut nichts zur Sache. Doch uns wurde berichtet, dass eine Gruppe von Abenteurern den Auftrag der Gräfin angenommen hat, ein verlorenes Lösegeld zu finden. Seid ihr diese Gruppe?“

Ein kurzer Blick wanderte zwischen den Gefährten hin und her. Schließlich nickte Ludwig. „Wir sind es. Und nun?“

Der Hauptmann zog die Zügel seines Pferdes straffer, sein Gesicht blieb unbewegt. „Die Befehle haben sich geändert. Die Armee hat eine neue Führung, und euer bisheriger Auftrag ist nicht mehr von Belang. Ihr sollt nach Hirschquell aufbrechen – dort macht eine Wolfsplage das Land unsicher.“

Doch bevor jemand reagieren konnte, trat einer der Gardisten vor. Entschlossen richtete er seine Lanze auf Thimorn Riemenschneider.

„Doch zuvor… Thimorn Riemenschneider. Es gibt Hinweise, dass du in die Entführung der Adelstochter verwickelt bist. Du kommst mit uns.“

Ein angespanntes Schweigen legte sich über den Sumpf. Thimorn riss den Mund auf, doch bevor er ein Wort hervorbringen konnte, trat Ludwig einen Schritt nach vorne. Seine Stimme war ruhig, doch voller Nachdruck.

„Eine schwerwiegende Anschuldigung. Habt ihr Beweise? Zeugen? Oder basiert euer Urteil auf bloßem Hörensagen?“

Die Gardisten wechselten Blicke, einige legten instinktiv die Hände an ihre Schwertknäufe. Doch Ludwig blieb unbeirrt. Worte konnten schärfer sein als eine Klinge – und er wusste genau, wo er sie ansetzen musste.

Ein langer Moment verstrich. Dann atmete der Hauptmann schwer aus und schüttelte langsam den Kopf. „Sei’s drum. Aber wir werden euch im Auge behalten.“

Ohne ein weiteres Wort zogen die Gardisten an den Zügeln, wendeten ihre Pferde und verschwanden im Nebel. Zurück blieben die Helden – und ein unangenehmes Schweigen.

Rotang verschränkte die Arme vor der Brust und musterte Ludwig skeptisch. „Warum hast du sie nicht einfach machen lassen?“

Ludwig zuckte nur die Schultern, als wäre es die banalste Sache der Welt. Ein spitzbübisches Grinsen spielte um seine Lippen, als er sich wieder in Bewegung setzte.

„Thimorn ist bares Geld wert. Ich gebe doch nicht einfach so etwas her, ohne einen ordentlichen Preis dafür zu verlangen.“

Die Gefährten tauschten Blicke – einige seufzten, andere schüttelten schmunzelnd den Kopf. Was auch immer Ludwig wirklich im Sinn hatte, es war eindeutig, dass er stets seinen eigenen Vorteil im Blick behielt. Die Dunkle Gestalt


Der Nebel hing noch schwer über dem Pfad, als Rotang plötzlich erneut stehen blieb. Seine Augen verengten sich misstrauisch, und er legte die Hand auf den Griff seiner Axt.

„Da ist jemand…“, murmelte er leise.

Die anderen folgten seinem Blick und erkannten es nun ebenfalls: Am Straßenrand, verborgen zwischen verdorrtem Gestrüpp und den Wurzeln eines alten Baumes, bewegte sich eine dunkle Gestalt. Sie lauerte dort, angespannt und mit den Augen auf die Gruppe gerichtet.

„Verfolgt uns wohl schon eine Weile“, knurrte der Zwerg und ballte die Faust um den Schaft seines Hammers.

Langsam setzten sich die Helden in Bewegung, bereit, den Unbekannten zu stellen. Doch plötzlich brach die Gestalt aus der Deckung und floh!

„Nicht so schnell, mein Freund!“, rief Ludwig, riss seine Armbrust hoch und feuerte ohne Zögern. Der Bolzen zischte durch die feuchte Morgenluft und bohrte sich krachend in einen Baum – nur eine Handbreit neben dem Flüchtenden.

Ein kehliges, zischendes Geräusch erklang. Die Gestalt fuhr herum, der eben noch tief gezogene Kapuzenumhang gab den Blick auf den Träger frei: Ein Achaz!

Der Zwerg sog scharf die Luft ein. „Echsenpack! Ich wusste es!“

„Ganz ruhig“, sagte Ludwig gelassen. „Vielleicht hat unser Freund hier einen Grund, uns nachzuschleichen.“

Nach kurzem Zögern erklärte der Achaz, dass er einen Ork mit blauem Fell jagte – denselben, den auch die Gefährten suchten. Trotz des Misstrauens des Zwerges schloss er sich ihnen an.



Vier Tage auf den Straßen

Die Reise nach Hirschquell dauerte insgesamt vier Tage. Sie führte die Gefährten durch feuchte Wälder, über verregnete Landstraßen und durch karge Hügel. Ihre Füße waren vom ständigen Marsch müde, und die Vorräte wurden knapp, doch der Gedanke an den Blaufell-Ork trieb sie weiter.

Am dritten Abend erreichten sie eine Taverne – ein einfaches, aber solides Gasthaus am Wegesrand, dessen verheißungsvoller Duft nach gebratenem Fleisch bereits aus der Ferne in ihre Nasen drang.

Doch anstatt eines gemütlichen Sonnenuntergangs wurden sie von peitschendem Regen begrüßt. Der Himmel hatte sich im Laufe des Nachmittags verdunkelt, und nun trommelte der Regen unablässig auf das Dach der Schenke. Dicke Tropfen liefen an den Fenstern herab, während der Wind durch die Holzplanken pfiff.

Die Gefährten betraten die Schankstube mit nassen Mänteln und dampfenden Stiefeln. Drinnen war es warm, das Feuer im Kamin knisterte, und der Geruch von gebratenem Fleisch und frischem Bier lag schwer in der Luft.

Der Abend wurde feuchtfröhlich. Trinkspiele ließen das Bier fließen, Würfel rollten über alte Holztische, und Ludwig hatte bald einige Münzen mehr in seinem Beutel als zuvor. Rotang versenkte ein ganzes Wildschwein in seinem Magen, während der Achaz das bunte Treiben mit ausdrucksloser Faszination beobachtete. Der Zwerg hingegen trank nicht nur, sondern ließ keine Gelegenheit aus, den Achaz mit misstrauischen Blicken zu mustern.

Ein merkwürdiges Bündnis, zweifellos.


Ankunft in Hirschquell

Am Morgen des vierten Tages brachen sie früh auf. Der Regen hatte die Wege aufgeweicht, Pfützen spiegelten den bleigrauen Himmel wider, doch all das hielt sie nicht auf.

Am späten Nachmittag erreichten sie schließlich ihr Ziel: Hirschquell.

Die Stadt schmiegte sich an einen klaren Bach, dessen ruhiges Wasser im Licht der untergehenden Sonne glitzerte. Doch trotz der malerischen Kulisse lag eine spürbare Unruhe in der Luft.

Die Wachen an den Toren standen mit grimmigen Mienen an ihren Posten, und die wenigen Dorfbewohner, die auf den Straßen unterwegs waren, warfen den Fremden verstohlene, fast ängstliche Blicke zu.

Hier stimmte etwas nicht.

Und die Gefährten würden es schon bald herausfinden…